Bosporus Cross-Continental Schwimming Race 2015

Delphin-Masters schwimmen durch den Bosporus

Silber- und Bronzemedaille für Hildegard Duna und Andrea Plail in der AK45

Silber- und Bronzemedaille für Hildegard Duna und Andrea Plail in der AK45

 

Der Bosporus, die 30 km lange Meerenge zwischen Schwarzem Meer und Marmarameer, ist einer der am stärksten befahrenen Schifffahrtswege der Welt. Etwa 50.000 Schiffe jährlich passieren die Meerenge, darunter rund 10.000 Öltanker - da kommt man nicht unbedingt auf die Idee, darin schwimmen zu wollen – oder doch? Ende letzten Jahres wurden fünf Schwimmer des SB Delphin aus Zeitungsberichten auf einen besonderen Wettkampf aufmerksam: Das „Bosporus Cross-Continental Swimming Race“, seit 26 Jahren einer der größten Schwimmwettkämpfe der Türkei.

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Von der asiatischen Seite geht es 6,5 km den flussähnlichen Bosporus entlang bis auf die europäische Seite. Dank der starken Strömung, verursacht durch den im Vergleich zum Schwarzen Meer doppelt so hohen Salzgehalt des Marmarameers und der daraus resultierenden höhere Dichte des Wassers, soll die Strecke in weniger als einer Stunde zu schaffen sein. Zum Vergleich: In einem Schwimmbecken bräuchte man dafür eindreiviertel bis zwei Stunden. Das klang verlockend und nach Schwimmabenteuer.

Und so saßen Hildegard Duna, Andrea und Dieter Plail, Armin Baur und Eduard Flacker am ersten Tag der Meldeeröffnung, am 12. Januar, am Computer, um sich anzumelden – der Server stürzte allerdings erst mal ab und die Anmeldung wurde gleich wieder geschlossen. So hieß es ständig nachschauen, ob die Anmeldung wieder funktioniert, denn die Startplätze sind heiß begehrt. Hildegard, Andrea, Dieter und Ede hatten schließlich Glück, während Armin wahrscheinlich nur ein paar Minuten zu spät dran war – der Wettkampf war innerhalb weniger Stunden ausgebucht. Trotzdem ließ es sich Armin nicht nehmen, zusammen mit seiner Frau Patricia die anderen vier Schwimmer nach Istanbul zu begleiten und anzufeuern. Nach der Registrierung kam die nächste Hürde: Der Veranstalter, das Türkische Olympische Komitee, forderte umfangreiche Nachweise der Wettkampftauglichkeit: Unterlagen des DSV, eine Bestätigung des Vereins und ein ärztliches Attest mussten für jeden Schwimmer innerhalb von wenigen Wochen in die Türkei geschickt werden. Vielen Dank an dieser Stelle für die Unterstützung von Dr. Andreas Hellmann und Georg Reich bei den Formalitäten.

Danach hieß es erst einmal warten. Erst Mitte Juni kam die endgültige Bestätigung, dass wir starten durften. Flüge und Unterkunft waren natürlich längst gebucht, und so ging es am Donnerstag, den 23. Juli ab nach Istanbul. Während der Freitag noch im Zeichen von Sightseeing, Entspannung und ausgiebiger Nahrungsmittelzufuhr stand, stieg am Samstag langsam aber sicher das Wettkampffieber. Nach der Abholung der Wettkampfunterlagen konnte man mit dem Schiff die Wettkampfstrecke abfahren und sich anschauen, worauf man sich eingelassen hatte. Kreuz und quer fuhren Schiffe aller Art und aller Größen, und es schien noch etwas unwirklich, dass man am nächsten Tag tatsächlich in diesem Gewässer schwimmen würde.

Dabei klang es eigentlich ganz einfach: Nach dem Start in die Mitte schwimmen bis das Wasser kälter wird und man die Strömung gefunden hat, dann unter einer der beiden Bosporusbrücken hindurch und anschließend möglichst gerade auf den linken Brückenpfeiler der zweiten Brücke zuhalten. Nach dem Passieren einer den Bosporus querenden Stromleitung galt es, rechtzeitig die Mitte zu verlassen und auf das Ziel am Ufer zuzuschwimmen, um nicht von der Strömung abgetrieben zu werden. Wer den Absprung nicht schafft, würde von Begleitbooten aus dem Wasser gezogen werden. Soweit die Theorie. Wir waren alle gespannt, wie die Praxis aussah.

Los ging es am Sonntag in aller Früh: Um 8 Uhr trafen sich alle Teilnehmer im Zielbereich und bereiteten sich auf den Start vor. In voller Schwimmmontur und ausgestattet mit Transpondern um das Fußgelenk für die Zeitmessung begaben sich dann um 9 Uhr die fast 2.000 Starter auf ein bereitstehendes Schiff, das sie zum 6,5 km entfernten Start brachte – ein durchaus komisches Bild, so viele Leute nur mit Schwimmsachen bekleidet eng zusammengepfercht zu sehen. Mitnehmen konnte man außer dem, was man anhatte, nichts. Der Bosporus wurde für 2 Stunden für jeden Schiffsverkehr gesperrt. Polizeiboote sorgten für die Einhaltung der Sperrung, sogar ein Kriegsschiff der türkischen Marine patrouillierte, sicher eine Folge der wachsenden Spannungen im Osten der Türkei an der Grenze zu Syrien und in den Kurdengebieten. Es gab eigene Begleitschiffe für die Presse und die V.I.P.s – also alles in allem ein recht großer Aufwand. Der Startschuss fiel pünktlich um 10 Uhr: Über einen mit Zeitmessmatten ausgelegten und an das Schiff angedockten Ponton gingen die Schwimmer „über Bord“ und stürzten sich per Kopfsprung oder tasteten sich vorsichtig per „Kerze“ in die Fluten. Der erste Eindruck: Super Schwimmbedingungen. Das Wasser war warm und schimmerte türkisfarben, der Salzgehalt war gut erträglich und vor allem: Es war trotz des intensiven Schiffsverkehrs erstaunlich sauber. Jedenfalls nicht schmutziger als an einem touristisch gut besuchten Mittelmeerstrand. Lediglich die eine oder andere Qualle sorgte für bleibende Erinnerungen. Doch wo war die angekündigte Strömung? Nirgendwo wurde das Wasser wirklich kalt, und wie sich hinterher herausstellte: Es gab dieses Mal fast keine Strömung, im Gegenteil, es gab sogar seltenen Gegenwind aus Süden, der für einige Wellen sorgte. Wenige Meter weiter links oder weiter rechts konnten den Unterschied machen, ob das Wasser glatt oder aufgewühlt war – Dieter, Hildegard und Andrea fanden sich am besten zurecht, während Ede mit mehr Wellen kämpfen musste als ihm lieb war.

Nichtsdestotrotz war es eine schöne Wettkampfstrecke in landschaftlich schöner Umgebung, von der man zumindest als Kraulschwimmer allerdings nicht allzuviel mitbekam. Obwohl man aufgrund der fehlenden Strömung erheblich länger unterwegs war als üblich, verging die Zeit im Wasser erstaunlich schnell; alle waren sich einig, dass es Spaß gemacht hatte.

Und nicht nur das: Alle vier waren flott unterwegs und erreichten in ihren Altersklassen hervorragende Platzierungen. Hildegard (Schwimmzeit: 1:20:11 Stunden) und Andrea (1:21:02), beide Altersklasse (AK) 45, gewannen sogar die Silber- und Bronzemedaille und mussten sich nur einer Italienerin geschlagen geben. Die Siegerehrung wurde groß aufgezogen, und es war schon etwas Besonderes, wenn man mit der olympiawürdigen Ankündigung „silver medal bzw. bronze medal representing Germany“ aufs Siegerpodest gebeten wurde. Die Männer kamen zwar nicht aufs Stockerl, erzielten aber in ihren stark besetzten Altersklassen vordere Plätze: Dieter wurde in der AK 50 toller Sechster (1:15:55), und Ede hielt sich in der AK 45 mit Platz 10 und einer Zeit von 1:16:23 noch in den Top Ten. In der Gesamtwertung der Männer landeten Dieter auf Platz 68 und Ede auf Platz 71 – von 1.401 gestarteten Schwimmern. Bei den Frauen gingen 458 Schwimmerinnen an den Start, Hildegard lag in der Gesamtwertung auf Platz 28 und Andrea auf Platz 32. Die schnellste Schwimmzeit betrug übrigens 1:01:21 Stunden – das war das erste Mal, dass die Stundenmarke nicht geknackt wurde. Der Rekord liegt bei 0:39:07 aus dem Jahr 2006!

Fazit: Ein schöner Wettkampf, eine perfekte Organisation und eine faszinierende Stadt – wer weiß, vielleicht war das nicht das letzte Mal. Es wäre sicherlich eine interessante Erfahrung, wie es sich mit dieser sagenhaften Strömung schwimmt.